More than words - Der Blog
Vertraue der Kraft der Worte! In diesem Blog erzähle ich über meine Arbeit als Journalist und Autor zwischen Kultur, Medien und Kommunikation.
Zurück zur Übersicht
21.01.2022
We are lost!
Es gibt Menschen, die sich noch vor 20 Jahren über die Verwendung englischer Wörter in der deutschen Sprache wie „Highlight“, „Mainstream“ oder „Trend“ aufregten. Sie kauften kein Ticket, sondern einen Fahrschein, absolvierten keinen Workshop, sondern ein Seminar, und wenn sie an einer Veranstaltung mit mehr als 25 Personen teilnahmen, war das für sie kein Event, sondern … eine Veranstaltung.
Mittlerweile sind so viele Anglizismen hinzugekommen und vor allem gängig geworden, dass sie sich nicht mehr wegdiskutieren lassen. Das hat auch die Bewerbungsphase zur Leserunde bei Lovelybooks.de gezeigt. Die Bewerbungsfrage lautete: „Welche Wörter in beruflicher und privater Kommunikation könnt ihr nicht mehr hören?“
Viele Teilnehmer stören sich an solchen Trendwörtern. Sie begegnen uns 24/7, also rund um die Uhr. „Bei der Arbeit werde ich mit diesen Begriffen täglich überhäuft“, schreibt Simone. „Da heißt es dann: 'Du musst dein Mindset ändern' oder 'Das waren heute wieder viele random Informationen in unserem Meeting.' Solche Sätze kann ich nur noch ganz schlecht ertragen.“
Ingo trifft nicht nur auf „gemutete“ Kollegen in der Videokonferenz (Sorry, in der „Webko“!), sondern muss zudem auf die „Compliance“ achten. Da hilft nur „Self-Leadership“.
Bei Anglizismen handelt es sich um Wörter oder Redewendungen, die aus dem Englischen in die deutsche Sprache übernommen wurden oder nachgeahmt werden. In der digitalen Welt ist das „gang und gäbe“, wie man früher gesagt hätte. Heute ist es „business as usual“: Wir lassen uns von Influencern erzählen, welches „It-Piece“ wir unbedingt besitzen sollten, weil es gerade in ist oder weil der Influencer durch die „Collaboration“ einen Haufen Geld bekommt, um seine Follower mit derartigem „Content“ zu manipulieren.
Weil wir das auch wollen, gründen wir ein Startup, erstellen einen Businessplan, pitchen das Produkt, indem wir es Investoren vorstellen oder setzen auf Crowdfunding. Dann betreiben wir einen Youtube-Channel, weil wir schließlich nicht als „Kanalarbeiter“ bezeichnet werden wollen, und wissen dank Google Analytics genau, was unsere Community begehrt. Um es mit einem Zitat von Nicole auszudrücken: „Kann denn keiner mehr normal reden?!“
„Ich bin keine Lehrerin, aber ich liebe unsere Sprache“, schreibt Martha in der Bewerbungsrunde bei Lovelybooks. „Sie mag sich wandeln, aber sie möge bitte nicht verunstaltet werden.“ Andernfalls, merkt Karin an, müsse man dem Rat ihrer Tochter folgen. Denn der lautet: „Chill mal ein bisschen, Mama!“
Hier geht's zur aktuellen Leserunde bei Lovelybooks.
Zurück zur Übersicht