More than words - Der Blog

Vertraue der Kraft der Worte! In diesem Blog erzähle ich über meine Arbeit als Journalist und Autor zwischen Kultur, Medien und Kommunikation.


Zurück zur Übersicht

06.01.2022

Die Erde ist eine Google - Leseprobe

Es heißt immer: „Man muss nicht alles wissen, man muss nur jemanden kennen, der Bescheid weiß.“ In den meisten Fällen ist damit nicht der Telefonjoker bei „Wer wird Millionär?“ gemeint, sondern ein Imperium, das die Suche nach Antworten zu seinem wertvollsten Kapital gemacht hat: Die Erde ist eine Google.

So lautet auch die heutige Leseprobe. Suchet und ihr werdet finden!

Die Erde ist eine Google
Wie macht man das iPhone 13 aus? Warum kann ich nicht mit PayPal bezahlen? Und wieso kann ich nur im Sitzen schlafen?

In einem berühmten Folksong des amerikanischen Musikers Bob Dylan heißt es: „Die Antwort, mein Freund, weiß ganz allein der Wind.“ Das ist vorbei. Der Wind nennt sich heute Google und wird um Rat gefragt, wann immer es möglich ist. Google ersetzt mittlerweile die beste Freundin, den Partner, die Eltern, die Geschwister, die Ärztin, die Kollegen, das Lehrpersonal, die Zufallsbegegnung auf der Straße – und vor allem das eigene Hirn.

1998 von den Informatikern Larry Page und Sergey Brin in Kalifornien gegründet, ist Googles Suchmaschine ein scheinbar anonymes Programm, dem wir viel mehr anvertrauen, als den verschlossenen Tagebüchern unserer Kindheit. Bereits in den ersten Jahren gingen rund 500.000 Suchanfragen pro Tag ein. Heute sind es 3,5 Milliarden.

Dabei beschränken sich die Erkenntnisse, die die Eingaben der Nutzer liefern, keineswegs auf gesellschaftliche Trends („Wie geht ein flacher Vollspannschuss in Fifa 22?“), sondern offenbaren auch relevante Notstände im sozialen Gefüge. Denn während Frauen Google häufig fragen: „Wann ist der richtige Zeitpunkt, um Schluss zu machen?“, wollen Männer wissen: „Wie kann ich Sky telefonisch erreichen?“ Ob es hier einen Zusammenhang zwischen den Prioritäten des Mannes und den Absichten der Frau gibt, müssen Sie selbst entscheiden.

Auch wenn der Zellkern eines Smartphones mittlerweile mehr Gigabyte enthält als eine mittelalterliche Papyrusrolle, bleiben die zentralen Fragen der Menschheit dieselben. Schon Goethes Faust irrlichterte um das Rätsel, was die Welt im Innersten zusammenhält: „Warum hört er mir nicht zu?“, „Wieso habe ich kein Netz?“, „Wann muss ich zum TÜV?“ und „Warum hat Rudolph eine rote Nase?“ Ja, warum denn, verdammt nochmal??

Eine der häufigsten Fragen lautet übrigens: „Wo bin ich hier eigentlich?“ Das frage ich mich auch oft, allerdings zeigt Google mir dann immer nur meinen Standort an, was für die Klärung der Situation wenig hilfreich ist. Google weiß eben auch nicht alles …

Leseprobe aus: Die Erde ist eine Google. In: Martin Gehr: Wer nicht alle Tassen im Schrank hat, sollte mal in der Spülmaschine nachschauen. Abenteuer in der Welt der Kommunikation. tredition, Dezember 2021, S. 33-34.



Zurück zur Übersicht